Die letzten beiden Jahre (2023 bis 2025) standen im Zeichen einer österreichweiten Pflegereform. Anlass genug, einmal ein Resümee zu ziehen. Welche wichtige Verbesserungen und neue Regelungen für pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige gibt es, mit dem Fokus auf die Pflege zu Hause?
Grundsätzlich ist es einmal sicher als positiv zu bewerten, dass überhaupt irgendetwas auf staatlich-politischer Ebene zu diesem Thema passiert ist. Was in den Jahren davor nicht immer selbstverständlich war. Hier nun die wichtigsten Errungenschaften:
Finanzielle Förderung und Entlastungen
- Die Förderung für 24-Stunden-Betreuung wurde deutlich erhöht von € 640 auf € 800 pro Monat und pro Betreuungsperson. D.h. für zwei sich abwechselnde Pflegekräfte stehen bis zu € 1.600/Monat zur Verfügung.
- 2024 und 2025 wurden zudem Angehörigenboni eingeführt bzw. angehoben. Mit einem monatlichen Betrag von ca. € 130 Euro ergeben sich jährlich € 1.570 für pflegende Angehörige mit niedrigem Einkommen und ab einem Pflegegeld der Stufe 4. (die Einkommensgrenze liegt hier bei knapp € 1.595 netto monatlich).
- Das Pflegegeld wird seit 2023 jährlich an die Inflation angepasst. 2025 erfolgte beispielsweise eine Erhöhung um 4,5 Prozent.
Pflegekarenz und Pflegefreistellung
- Für die Pflegekarenz besteht erweiterter Rechtsanspruch. Der Anspruch wurde auf 4 Wochen erhöht.
- Beschäftigte in Betrieben mit mehr als 5 Arbeitnehmern können die Pflegekarenz nicht nur einmal, sondern bei Bedarf und bei wesentlicher Erhöhung des Pflegebedarfs erneut nutzen. Auch eine kombinierte Mehrfachnutzung von Karenz und Teilzeit ist möglich.
- Eine Pflegefreistellung kann ab dem ersten Tag der tatsächlichen Notwendigkeit genommen werden, sobald ein Angehöriger oder eine im Haushalt lebende Person akut oder chronisch pflegebedürftig wird und die Betreuung notwendig ist – auch tage- oder stundenweise. Dabei ist auch kein Mindestzeitraum der Betriebszugehörigkeit erforderlich – der Anspruch besteht ohne Wartezeit vom Beginn des Arbeitsverhältnisses an.
Ersatzpflege und Kurzzeitpflege
Die Reform der Ersatzpflegeregelung in Österreich bringt ab September 2024 und vor allem ab 2025 deutliche Verbesserungen für pflegende Angehörige:
- Die Ersatzpflege (Kurzzeit- und Urlaubspflege) wird seit September 2024 ab dem ersten Tag der Verhinderung finanziell gefördert (zuvor erst ab drei Tagen).
- Anspruchsberechtigt sind nun auch erweiterte Familienmitglieder wie Lebensgefährten, Pflegeeltern, Tanten und Onkel.
- Die Unterstützung beträgt je nach Pflegestufe maximal zwischen € 1.200 und 2.500 pro Jahr, förderbar sind maximal vier Wochen pro Kalenderjahr.
- Ab Juli 2025 wird für Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege ein gemeinsames Jahresbudget geschaffen, das flexibel für beide Pflegeformen verwendet werden kann.
Steuerliche Entlastungen
- Pflegebedürftige und pflegende Angehörige können beim Steuerausgleich durchschnittlich ca. € 1.000 für außergewöhnliche Belastungen rund um Pflegekosten zurückerhalten. Pflegebedingte Aufwendungen wie Pflegegeld, Kosten für betreuendes Personal, Medikamente, pflegebedingte Ausgaben oder Heimkosten können als außergewöhnliche Belastungen in der Steuererklärung angegeben werden. (abzgl. steuerfreier Zuschüsse wie Pflegegeld oder Förderungen der 24-Stunden-Betreuung). Dies gilt auch für Pflegende Angehörige, wenn die pflegebedürftige Person selbst kein oder nur ein zu niedriges Einkommen hat, um die Pflegekosten zu tragen. Allerdings mit Selbstbehalt.
Kompetenzerweiterung der diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegekräfte (DGKP)
Diese Kompetenzerweiterungen bedeuten eine deutliche Aufwertung des Pflegeberufs und ermöglichen eine umfassendere pflegerische Versorgung durch die diplomierten Pflegekräfte im ambulanten Bereich:
- Ab September 2025 dürfen DGKP auch Medikamente verabreichen und in bestimmten Fällen sogar selbstständig verordnen. Dies beinhaltet Arzneimittel, die im Rahmen der pflegerischen Versorgung eingesetzt werden, zum Beispiel zur Nahrungsaufnahme oder Körperpflege, wobei die genaue Liste der erlaubten Medikamente vom Gesundheitsministerium festgelegt wird.
- DGKP können künftig alle ihrer Ausbildung entsprechenden Tätigkeiten ausüben, die nicht ausdrücklich Ärzten vorbehalten sind. Dazu gehören auch das Verabreichen von Injektionen, das Bestellen von Medikamenten sowie die Anpassung von Medikamententherapien nach ärztlicher Vorgabe oder standardisierten Protokollen.
- Zusätzlich sind DGKP befugt, Pflegegeld-Einstufungen durchzuführen. Sie führen Hausbesuche durch, erstellen pflegefachliche Gutachten zum Pflegebedarf als Grundlage für die Einstufung in eine Pflegestufe. Die Honorierung für diese Begutachtungen wurde auf das Niveau vergleichbarer ärztlicher Honorare angehoben. Die Wartezeiten auf Pflegegeld-Einstufungen wurden dadurch vermindert.
Zusammengefasst kann man festhalten, dass diese Pflegereform einige bessere finanzielle und organisatorische Rahmenbedingungen für die Pflege zu Hause geschaffen hat. Sowohl für Pflegebedürftige als auch für Pflegende Angehörige.